Teil 9: Charakterisierung des Protagonisten
In dieser Folge erklärt Michael Kunze, wie das Publikum begreift, was in einem Protagonisten vorgeht und was ihn kennzeichnet.
1) Das monologische Lied
Im Musiktheater hat der im Sprechtheater nicht mehr übliche Monolog in Form des Sololiedes überlebt. Das, was eine Figur denkt und fühlt, erklärt sie an einer kritischen Stelle der Handlung in einem Lied. Das ist sogar möglich, während andere Personen anwesend sind, solange klar wird, dass die Figur nicht mit den anderen kommuniziert, sondern dass wir ihre Gedanken hören. Eine Möglichkeit, die nur das Musiktheater bietet.
2) Entscheidungen unter Druck
Ein Charakter zeigt sich am deutlichsten, wenn er unter Druck eine Entscheidung treffen muss. Dramatische Entscheidungen sind aber nur solche, bei denen zwischen gleichwertigen Alternativen zu wählen ist. Eine Wahl zwischen Gut und Böse, Falsch und Richtig, Freiheit und Sklaverei ist undramatisch. Solche Entscheidungen sind konfliktfrei und sagen nichts über den Charakter einer Figur aus. Eine dramatische Entscheidung setzt ein Dilemma voraus, also eine Situation, in der jede Wahl vertretbar und nachvollziehbar ist.
Am Beispiel REBECCA:
Maxim's Dilemma
In REBECCA wird Maxim von Favell erpresst. Er besitzt angeblich einen Beweis, der Maxim an den Galgen bringen wird. Maxim steht vor einem Dilemma. Wenn er sich erpressen lässt, lebt er wie während seiner Ehe mit Rebecca erneut mit einer Lüge. Wenn er andererseits Favells Angebot ausschlägt, verliert er möglicherweise sein Leben und stürzt "Ich" ins Unglück. Er entscheidet sich gegen Favells Forderung. Bewusst geht er lieber das Risiko einer Verurteilung ein als sich ein zweites Mal erpressen zu lassen. Wir erfahren dadurch Wesentliches über seinen Charakterwandel. |
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